Interview mit Martin P. Allmendinger Zur Studie: Den „Generationenkonflikt“ durch richtige Kooperation überwinden – was Startups von Großunternehmen erwarten.

Interview mit Martin P. Allmendinger, Universität Hohenheim, Fachgebiet Unternehmensgründungen und Unternehmertum

Hallo Martin,
ihr habt gerade eine spannende Studie zur Zusammenarbeit zwischen Corporates und Startups aus der Perspektive der Startups veröffentlicht. Was war denn die Motivation für die Studie?

Hallo Michael,
Danke für Euer Interesse an der Studie und schön, dass Du sie spannend findest.

Die Studie ist ein Teil meiner Promotion über das Thema „asymmetrische Partnerschaften“. Nachdem ich im letzten Jahr bereits eine ähnliche Studie mit einigen Großunternehmen durchgeführt habe, war es uns jetzt noch wichtig auch noch die Perspektive der Startups abzudecken.

Insgesamt lässt sich sagen, dass in der Wissenschaft bereits sehr viel über innovationsorientierte Partnerschaften und Allianzen geschrieben wurde, allerdings wird dabei selten der Fokus auf die Verschiedenartigkeit der Innovationspartner selber gelegt. Da das Thema Open Innovation in der Wissenschaft, in den letzten 15 Jahren sich enormer Beliebtheit erfreut, war es mir auch aufgrund meines unternehmerischen Hintergrunds wichtig diese Thematik genauer zu erforschen. Auch habe ich in den letzten drei Jahren gemerkt, dass der Begriff Kooperation zwar laufend verwendet wird, die wenigsten aber wirklich wissen, was er alles bedeuten kann. Dies führt dann zwangsläufig zwischen Startup Unternehmern und Managern zu unterschiedlichen Vorstellungen und Erwartungen.

 

Kannst du uns die wichtigsten Erkenntnisse in drei bis vier Sätzen zusammenfassen?

Gerne, die wichtigsten Erkenntnisse der Startup Umfrage sind, dass die Startup Unternehmer aus Baden-Württemberg sich mehr Offenheit von Großunternehmen (mit mehr als 500 Mitarbeitern) hinsichtlich Kooperationen und mehr Möglichkeiten für einen grundsätzlichen Austausch wünschen.

Ein wichtiger Punkt dabei ist, dass Offenheit mehrere Stufen hat. Offen sein heißt übrigens nicht, dass man deswegen auch gleich eine Kooperation eingehen muss.

Es beginnt bereits am gegenseitigen Interesse an informellen Gesprächen auch außerhalb des Firmengeländes und führt dann vielleicht über ein Pilotprojekt zu einem konkreten Co-Creation Projekt, das die Etablierung eines gemeinschaftlichen Geschäftsmodells zum Ziel haben kann. Auf diesem Weg müssen Großunternehmen empathisch sein, also bereit sein zu lernen, was die Bedürfnisse eines Startups sind und im Interesse der erfolgreichen Kooperation auch interne Veränderungen vorzunehmen.

 

Die großen Unternehmen erhalten von den meisten Startups kein gutes Zeugnis was die Kooperationsbereitschaft angeht. Welche Gründe könnte es hier geben?

Natürlich kann es hier viele Gründe geben. Ein Grund ist sicherlich, dass Gründer generell jede Unterstützung zu Beginn gebrauchen können und damit tendenziell eine überdurchschnittlich hohe Erwartung an sich aber auch an alle anderen haben.

Ein anderer Punkt ist, dass Großunternehmen und speziell ihre Mitarbeiter mit kleinen gleichberechtigten Kooperationsprojekten bisher eher weniger Erfahrungen gemacht haben und bisher auch nicht wissen, wie sich diese Kooperationen an das bestehende Großkonstrukt organisatorisch sinnvoll angliedern lassen.

Der andere eher regionale Aspekt ist sicherlich, dass wir in Baden-Württemberg viele mittelständische Unternehmen und Hidden Champions haben und diese tatsächlich ganz bewusst weniger offen bzw. etwas vorsichtiger bei der Informationsherausgabe sind. Diese oftmals bewusste Haltung hat sie ja schließlich auch zu Hidden Champions gemacht.

 

Habt Ihr konkrete Maßnahmen um das zu verbessern?

Zunächst muss man bei allen Chancen, die diese Zusammenarbeit mit sich bringen können, auch erwähnen, dass ca. 50% aller innovationsorientierten Partnerschaften (unabhängig von der Unternehmensgröße der Partner) scheitern, weil es vor oder während des Kooperationsvorhabens zu Problemen kommt. Das heißt, Kooperationen sind ein besonders komplexer Vorgang und beide Seiten müssen immer intensiv daran arbeiten, dass das Ergebnis ein Erfolg wird. Wenn man dann mit Startups kooperieren möchte und keinen geeigneten Fürsprecher und Vermittler im Großunternehmen hat, der versteht wie Startups funktionieren wird es natürlich noch schwerer.

Ein systematisches Kooperationsmanagement kann hier aber auf jeden Fall helfen und es sieht ja auch momentan danach aus, dass immer mehr entsprechende Anlaufstellen und Kooperationsprogramme innerhalb oder außerhalb von Großunternehmen geschaffen werden, die versuchen, die „echten Bedürfnisse“ der Startups bewusst und auch systematisch zu berücksichtigen.

Ziel sollte sein, dass Großunternehmen lernen zwischen geeigneten Kooperationsformen zu differenzieren und dies auch nach außen an potentielle Partner so kommunizieren. Darüber hinaus sollten sich Großunternehmen überlegen, was sie Startups konkret anbieten können.

Einige Großunternehmen haben hier bereits angefangen proaktiv geeignete Vermögenswerte (Assets) (wie Werbeflächen, Softwarelizenzen, Ladenflächen, Testfahrzeuge, Kundendaten, etc.) systematisch zur Verfügung zu stellen, die Startups im Rahmen der Kooperation nutzen können. Dies dient auch als eindeutiges Signal an die Startups, dass das Großunternehmen verstanden hat, wie das Startup konkret von der Kooperation profitieren kann. Gleichzeitig gibt es häufig vom Großunternehmen einen Anforderungskatalog, der genau beschreibt, welche Startups gesucht sind. Allerdings ist das natürlich schon die fortgeschrittene Variante. Manchmal reicht es für Startups aber auch schon in einem persönlichen Gespräch grundsätzliches Feedback oder einen kompakten Marktüberblick zu bekommen. Einige Aussagen der Startup Unternehmer zeigen nämlich auch in der Umfrage, dass ihnen mit etwas mehr Transparenz, Ehrlichkeit und Respekt in der Anfangsphase schon sehr viel geholfen ist.

Auf der anderen Seite muss man auch klar sagen, dass viele Gründer auch nicht mit Großunternehmen kooperieren wollen egal, was Großunternehmen machen. Von daher kann man immer nur die zusammenbringen, die auch zusammenkommen wollen. Das muss dann aber auch von Anfang an möglichst unproblematisch und unbürokratisch passieren.

 

Seht ihr auch einen Handlungsbedarf in der Politik und falls ja, welchen?

Wir sehen zunächst in lokalen Kooperationen zwischen den Unternehmen aus Baden-Württemberg allgemein viel Potential. Manchmal hat man aber den Eindruck einige Firmen aus Baden-Württemberg sehen bereits in ihren unmittelbaren Nachbarn eine Bedrohung, obwohl der Innovationsmarkt und der Markt für unternehmerische Talente inzwischen hochgradig global sind. Hier sollte die Politik anknüpfen und ganz bewusst versuchen die Diskussion auf eine höhere Ebene zu bringen. Wir denken, dass die Politik dabei eine sehr gute Moderations- und Vermarktungsfunktion zwischen den Partnern übernehmen kann.

Konkrete Maßnahmen könnten hier gezielte finanzielle Förderungen für Kooperationsprojekte sein oder ein Award, der die interessanteste oder erfolgreichste Zusammenarbeit prämiert. Auch sollten sich bestehende und neue Veranstaltungsformate inhaltlich tiefer mit dem Thema Kooperation beschäftigen. Warum nicht mal in fachlichen Workshops auf Kongressen Problemlösungen zumindest konzeptionell und mit offenem Ergebnis gemeinsam erarbeiten?

Das sind übrigens dann auch Maßnahmen, mit denen sich das Ökosystem Baden-Württemberg von anderen Ökosystemen stärker differenzieren kann.

 

Was können Ökosystempartner wie Startup Stuttgart tun um das ganze zu verbessern

Wir glauben ihr könnt wie schon bisher als eher neutrale Institution auch weiterhin eine ganze Menge persönliche Aufklärungsarbeit leisten. Und zwar nicht nur in den Städten, sondern speziell auch auf dem Land. Viele können mit dem Begriff Startup nach wie vor wenig anfangen.

Ansonsten gilt es das Thema Kooperation natürlich nicht nur in Bezug auf Startups und Großunternehmen zu sehen. Es lohnt sich das fragmentierte Ökosystem Baden-Württemberg mit ernstgemeinten Kooperationen zwischen allen Akteuren weiter zu festigen. „Groß denken“ ist auch hier der geeignete Ausdruck und ich denke, da gibt es noch genug Arbeit.

Vielen Dank für deine Zeit.

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