Erreichbarkeit von Unternehmenskunden – Geduldsspiel oder Mission impossible?

Gastbeitrag von Florian Schweer
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Wer seine Produkte und Dienstleistungen B2B verkauft kennt folgendes Phänomen: Die Ansprechpartner beim Kunden sind entweder im Urlaub, krank, auf Weiterbildung, gerade zu Tisch, in Besprechungen oder sonst irgendwo im Unternehmen unterwegs und nur selten telefonisch zu erreichen. So enden 50% aller Anrufversuche entweder auf Bandansagen bzw. Mailboxen, bei Kollegen die Rückrufzettel hinterlassen oder mit einer ungefähren Einschätzung der telefonischen Verfügbarkeit des gewünschten Ansprechpartners weiterhelfen. Die gefühlte Dunkelziffer liegt weit höher. Warum es so schwierig ist diese „flüchtigen“ Ansprechpartner beim Kunden zu erreichen, möchte ich anhand des folgenden Modells am Beispiel des Kalenderjahres 2014 für das Bundesland Baden-Württemberg aufzeigen:

Das Kalenderjahr 2014 verfügt über 365 Kalendertage. Bereinigt um Samstage & Sonntage (jeweils 52) verbleiben 261 Kalendertage. Es gibt 11 gesetzliche Feiertage in Baden-Württemberg. Bleiben 250 Kalendertage die auf einen Wochentag fallen und damit in diesem Modell als „theoretischer Arbeitstag“ betrachtet werden. Bei der Umrechnung auf „theoretische Arbeitszeiten“ wird mit Vollzeitäquivalenten (8 Std. pro theoretischem Arbeitstag) gerechnet. Zur Reduzierung der Komplexität des Modells werden Teilzeitmodelle, 33,457 Stunden-Tarifverträge, Mutterschutz- und Elternzeitregelungen, Wiedereingliederungs-Maßnahmen etc. nicht berücksichtigt. Wir legen der Berechnung somit 250 theoretische Arbeitstage bzw. 2.000 theoretische Arbeitsstunden zugrunde. Als weitere Annahme gilt, dass ich die vielzitierten „ninetofive-Jobs“ als Betrachtungsobjekt definiere und dementsprechend eine Netto-Kernarbeitszeit von 09:00-17:00 Uhr unterstelle.

Los geht´s, mal sehen was unter dem Strich so an möglicher Zeitfenster für die Erreichbarkeit der Ansprechpartner beim Kunden übrig bleibt.

365 Kalendertage – 104 Kalendertage, die auf einen Samstag oder Sonntag fallen = 261 Kalendertage

261 Kalendertage – 68 Ferientage, die nicht auf einen Samstag oder Sonntag fallen = 193 Kalendertage

Im Vorfeld der Schulferien werden in den seltensten Fällen (neue) Anfragen entgegengenommen, geschweige denn bearbeitet. Hier liegt der Fokus der Tätigkeit auf dem Fertigstellen von Terminsachen die dringend noch vor dem Urlaub erledigt sein müssen, dem Aufräumen des Schreibtischs und dem Erledigen von Altfällen und Leichen im Keller, die man während des Urlaubs gedanklich nicht mit sich herumtragen möchte, weil sie während des Urlaubs durch die Vertretung ans Licht geholt werden könnten. Es gibt hierzu übrigens wissenschaftliche Studien die zweifelsfrei belegen, dass die Woche vor dem Urlaub die effektivsten Arbeitstage des kompletten Jahres sind. Das Modell sieht vor, die Arbeitstage vor den Schulferien ersatzlos aus der Berechnung zu streichen. Im Jahr 2014 sind das 23.

193 Kalendertage – 23 Kalendertage, die in die Woche vor den Schulferien fallen = 170 Kalendertage

Nach der Rückkehr aus den Ferien steht die erste Arbeitswoche ganz im Zeichen der Sichtung tausender E-Mails, dem darüber ärgern, was die Vertretung für ein Chaos hinterlassen hat und dem Abarbeiten der Dinge, die während der eigenen Abwesenheit liegengeblieben oder neu aufgelaufen sind. Kapazitäten für (neue) Anfragen tendieren streng monoton gegen Null. Streichen wir die Arbeitstage in diesen Wochen nach dem Ende der Schulferien also ebenfalls. Im Betrachtungszeitraum reduzieren wir die Anzahl der Kalendertage um weitere 25.

170 Kalendertage – 25 Kalendertage aus den Wochen nach dem Ende der Schulferien = 145 Kalendertage

Widmen wir uns den gesetzlichen Feiertagen die nicht in die Ferienzeit und ebenfalls nicht in eine Schulferienbeginn-Vorwoche oder eine Ferienende-Nachwoche fallen. Hier bleiben für das Jahr 2014 2 Feiertage übrig (Do. 29.05.2014 Christi Himmelfahrt und Freitag 03.10.2014 Tag der Deutschen Einheit). Den obligatorischen Donnerstags-Feiertag-Brücken-Freitag am 30.05.2014 eliminieren wir in diesem Schritt gleich mit.

145 Kalendertage – 2 Feiertage außerhalb der Schulferien und außerhalb der Ferienbeginn-Vorwoche und Ferienende-Nachwoche – 1 obligatorischer Brückentag am Freitag nach einem Feiertag = 142 Kalendertage

Es bleiben 142 Kalendertage, die sich auf jeweils 29 Montage,  Dienstage sowie Mittwoche, 28 Donnerstage sowie 27 Freitage verteilen.

productivity

Im nächsten Schritt nehmen wir die 27 Freitage komplett aus der Betrachtung raus. Warum? Das lässt sich relativ einfach erklären. Der Freitag ist der Arbeitstag der Woche, an dem am Morgen der Kater vom After-Work-Clubbing des vorangegangenen Donnerstag-Abend aka „der kleine Freitag“ gepflegt/ bekämpft wird und die Abstürze der KollegInnen vom Vorabend diskutiert und verbreitet werden. Der Rest des Tages wird für die Erstellung des Einkaufszettels für das Wochenende genutzt und es werden alle Freizeitaktivitäten für die bevorstehende arbeitsfreie Zeit koordiniert. Gedanklich befindet man sich bereits vor dem Aufstehen im Wochenende.

142 Kalendertage – 27 Freitage = 115 Kalendertage bzw. 920 Stunden

Nun zu den roten Zeiten innerhalb der verbliebenen Arbeitstage: Der Montagmorgen dient in aller Regel dazu, sich mit den Kollegen über die Vorkommnisse des vergangenen Wochenendes auszutauschen, wach zu werden und sich wieder in den Wochen-Arbeits-Rhythmus einzugewöhnen. Dies dauert i.d.R. von 09:00-11:30 Uhr.

920 Stunden – 72,5 Stunden Montagsmorgen-Eingewöhnungsphase = 847,5 Stunden

Nahrungsaufnahme: eines der wichtigsten Themen im Arbeitsalltag und ein nicht zu unterschätzender Motivationsfaktor. Nicht selten beginnt ein Gespräch zwischen Kollegen am Morgen bereits mit der täglich diskutierten Frage: „Was ess´ mer den heut´?“ Ab 11:30 Uhr wird der Speiseplan der Kantine einer kritischen Prüfung unterzogen, Preis-Leistungsverhältnis der angebotenen Speisen abgewogen und eine Auswahl getroffen. Ab 12:00 Uhr geht´s dann mit den Kollegen zum Essen. Es wird gespachtelt, über die Qualität des Essens gemeckert, zum Abschluss Kaffee getrunken, um gegen 13:00 Uhr wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Von 13:00-14:00 Uhr verabschiedet sich das Blut für den Verdauungsvorgang in den Magen, der Kopf versucht den Oberkörper zu stabilisieren, damit der Kopf nicht vor Erschöpfung auf der Tastatur aufschlägt. Aus manchen Büros dringt in diesem Zeitfenster ein leises Schnarchen. Zeitfenster 11:30-14:00 Uhr wird dementsprechend komplett gestrichen.

847,5 Stunden – 2,5 * (29 Mo + 29 Di + 29 Mi + 28 Do) Stunden Verpflegungszeit = 560 Stunden

Im Zeitfenster 16:30-17:00 Uhr ist der Versand letzter E-Mails und Aufräumen sowie die gedankliche Verabschiedung in den Feierabend angesagt. Neue Anfragen und die Annahme von Telefonaten ist ein absolutes „no-go“.

560 Stunden – 0,5 * (29 Mo + 29 Di + 29 Mi + 28 Do) Stunden Feierabendvorbereitung = 502,50 Stunden

Das Erreichen des Donnerstag (aka „der kleine Freitag“)-Feierabends wird gerne dazu genutzt im Kollegenkreis das ein oder andere Fläschen Sekt zu leeren, um sich so auf das bevorstehende After-Work-Clubbing vorzubereiten oder einfach den bevorstehenden Freitag zu feiern. Stärkt das Wir- und Team-Gefühl und lässt die ein oder andere Aufregung der zurückliegenden Woche im einsetzenden berauschten Zustand verblassen. Nehmen wir eine weitere halbe Stunde für die Donnerstage aus der Berechnung raus. Schließlich müssen Getränke besorgt, gekühlt, geöffnet und Gläser gesucht, bereitgestellt und im Anschluss auch wieder gespült werden.

502,50 Stunden – 14 Stunden Donnerstags-Feierabend-Vorverlegung = 488,5 Stunden.

Um das Modell jetzt nicht mit Details zu überfrachten, wird auf die Bereinigung weiterer ungünstiger Zeiten für die Anfrage eines Lieferanten/ Dienstleisters abgesehen.

Wir ziehen ein Fazit und bleiben bei 488,50 Stunden jährlicher potenzieller Erreichbarkeit von insgesamt 2.000 jährlichen theoretischen Arbeitsstunden stehen. Dies entspricht einer Quote von unglaublichen 24,425 %. Da ist verdammt gutes Timing gefragt. Ich wünsche Euch hierfür gutes Gelingen!

Welche Erfahrungen habt ihr mit Euren Partnern gemacht und wie habt ihr die Erfolgsquote Eurer Anrufe gesteigert? Ich freue mich über viele hilfreiche Kommentare.

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Über den Autor

Florian Schweer

Florian Schweer ist Gründer der FSBV GmbH und betreibt bauchkröte.de. Er ist Mitglied der Wirtschaftsjunioren Rems-Murr e.V. und engagiert sich als Projektleiter BBW im Bereich Bewerbertraining für Jugendliche und junge Erwachsene mit besonderem Förderungsbedarf.

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Bildquelle: GDS Infographics unter CC-Lizenz CC BY 2.0

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