Ein Gastbeitrag von Barbara Hoisl
Dieses Jahr war ich zum ersten Mal bei SLUSH dabei – und es war eine überwältigende Erfahrung: SLUSH ist ein zweitägiges Startup-Event, das seit einigen Jahren jeweils im November in Helsinki stattfindet. Ich hatte im Vorfeld schon einiges über SLUSH gehört, insbesondere dass es extrem inspirierend sein soll, aber es war mir trotzdem nicht so ganz klar, was SLUSH wirklich ist. Inzwischen würde ich sagen, es ist eine Kombination aus Konferenz zum Thema Tech-Startups und gleichzeitig ein Matchmaking-Event für Startups und Investoren.
SLUSH fing vor ein paar Jahren als studentische Initiative an und hat sich zu einer Riesenveranstaltung entwickelt: dieses Jahr wurden 15.000 Tickets verkauft, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus 100 Ländern und 1.700 Startups sowie 800 Investoren waren vertreten.
Die Konferenz
SLUSH ist schon rein als Konferenz sehr interessant: ein schnell getaktetes, abwechslungsreiches Programm mit drei parallelen Tracks auf drei großen Bühnen. Die Speaker waren alle sehr hochkarätig, von erfolgreichen Gründern und Investoren über Vertreter aus dem Bereich Corporate Innovation bis hin zu hochrangigen Politikern aus verschiedenen Ländern und von der EU. Hinzu kam eine vierte Bühne, auf der sich im Laufe der zwei Tage insgesamt 100 ausgewählte Startups in einer Pitching Competition präsentierten. Der Hauptpreis war ein Investment in Höhe von 650.000 €.
SLUSH hat eine ganz besondere Atmosphäre, die auch durch das Design unterstützt wird: Im Prinzip findet das ganze Event in einer riesigen Messehalle statt, die von den Veranstaltern mit viel Liebe zum Detail aufwendig ausgestattet wurde. Es herrschte ein bisschen eine Club-Atmosphäre mit gedämpfter Allgemeinbeleuchtung und aufwendigen Licht- und Sound-Effekten auf den Bühnen. Das Video mit dem Opening Track gibt davon einen Eindruck. Slush wurde übrigens komplett live gestreamt – aber leider sind (noch?) nicht viele Videos online.
Rund um die zwei Konferenztage gab es noch eine Vielzahl an Side Events und Parties. Besonders originell fand ich die Game Music Night: In der Philharmonie von Helsinki spielte ein Sinfonieorchester Musik von berühmten Games, die von finnischen Firmen wie Rovio und Supercell stammen, u.a. Angry Birds und Clash of Clans (Teaser Video zur Game Music Night).
SLUSH für Startups
Für Startups ist SLUSH auch deshalb interessant, da man sich dort einem großen Publikum präsentieren kann, das wirklich startup-affin ist und insbesondere Tech Startups versteht. Zum einen kann man sich um einen Demo-Stand bewerben: 2015 hatten von 1.700 vertretenen Startups ca. 250 einen Demo-Stand erhalten, die Chancen stehen also gar nicht so schlecht. Dann gibt es die Startup Competition für 100 ausgewählte Startups.
Und schließlich der Matchmaking-Teil: SLUSH ist so groß, dass man nicht leicht relevante Zufallsbekanntschaften macht. Daher unterstützen die SLUSH-Macher das Matchmaking zwischen Startups und Investoren: Wer ein Startup-Ticket kauft, muss Angaben zum Startup machen. Wer ein Investoren-Ticket kauft wird nach Interessen und Investmentfokus gefragt. Basierend auf diesen Informationen unterstützt Slush das Matchmaking im Voraus – und hat dafür zusätzlich zu den zahlreichen Meeting-Tischen zwei große Besprechungsbereiche eingerichtet, die nur mit vorheriger Buchung zugänglich sind. So haben Startups die Möglichkeit, in sehr kurzer Zeit Gespräche mit mehreren hochkarätigen Investoren zu führen.
Warum so wenig Resonanz in Deutschland?
Ich war wie viele andere völlig begeistert von SLUSH. Auch international findet SLUSH sehr viel Beachtung – selbst in wichtigen amerikanischen Medien (VentureBeat, TechCrunch etc.). Umso erstaunlicher finde ich, dass über dieses europäische Event in Deutschland praktisch nicht berichtet wird.
Im Gegensatz zu nordischen Ländern war Deutschland auch nicht als Land vertreten. Das finde ich sehr schade, denn Startups aus Deutschland und aus der Region Stuttgart könnten von diesem Event ebenfalls stark profitieren. Unser Nachbar, die Niederlande waren zum Beispiel mit einem großen Stand vertreten und hatten vorher eine nationale Competition, bei der die 10 besten Startups jeweils zwei Konferenzpässe und zwei Flugtickets erhielten.
Ein Beispiel aus Deutschland habe ich doch noch gefunden: Die IHK München hat einen Platz für ein Startup aus Oberbayern gesponsert. Vielleicht finden sich für 2016 auch Sponsoren für die SLUSH-Teilnahme von Stuttgarter Startups?
Bildquelle: Barbara Hoisl
[hr]
Über die Autorin
Barbara Hoisl Virtual Strategy Officer für Software- und Internet-Unternehmen: sie berät mit den Schwerpunkten Geschäftsmodellentwicklung, Business Planning und Wachstumsstrategien. Zu diesen Themen bietet sie auch Trainings an und bloggt auf barbarahoisl.com/blog (in Englisch).
Barbara hat mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Software-Branche, u.a. 14 Jahre im Bereich Software-Produkte bei HP. Dort hat sie über viele Jahre die Entwicklung und die Wachstumsstrategie von komplexen Software-Produkten verantwortet – zuletzt im Bereich Strategie und Globale Unternehmensentwicklung / M&A.
Als Beraterin hat sie u.a. Internet-Startups bei der Geschäftsmodellentwicklung und bei der Vorbereitung auf neue Finanzierungsrunden unterstützt. Barbara ist als Mentorin für Startups aktiv, u.a. im Mentorenkreis des CyberForum Karlsruhe and als Mitglied von bwcon: Baden-Württemberg Connected.