Kommunalwahl 2014: Antworten der Stuttgarter Kandidaten zu unseren Fragen zu Gründerthemen

Die Kommunalwahl steht kurz bevor und vor einer Woche hatten wir die Parteien und Gruppierungen, die sich in Stuttgart zur Wahl stellen, zu ihren Positionen bezüglich Gründerthemen und Gründungsförderung befragt.

In unserer E-Mail an die Parteien und Gruppierungen hatten wir um Antwort bis zum 16. Mai 2014 gebeten. Das schafften nur die Piraten. Von den anderen gab es bis zum Stichtag keine Reaktion. Am Montag, den 19. Mai kam eine Antwort der AfD per Brief. Weiterhin antworteten am Montag die FDP, Die Linke und die Grünen per E-Mail. Die Stadtisten und die Liste Junges Stuttgart wollten uns noch antworten, haben dies bis zur Veröffentlichung dieses Artikels aber nicht geschafft.

Update, 21.5. 8:45: Antwort der REP ergänzt
Update, 22.5. 13:40: Antwort der Stadtisten ergänzt

Die jeweiligen Personen sind

  • Piraten: Judith Peters, #4 auf der Piratenliste für die Gemeinderatswahl
  • FDP: Gabriele Reich-Gutjahr, Mitglied der Regionalversammlung
  • Die Linke: Christoph Ozasek, Regionalrat und Sprecher
  • Die Grünen: Matthias Filbinger
  • REP: Thomas Melber
  • Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen (Listenplatz 1)

Hier findet ihr nun die Antworten, zur jeweiligen Frage sortiert und den Parteien bzw. Gruppierungen zugeordnet.

Wie setzen Sie sich für mehr Gründergeist in Stuttgart gerade bei jungen Menschen ein?

Piraten, Judith Peters

Indem ich das Thema Gründung selbst vorlebe. Ich bin seit fast fünf Jahren selbständig. Parallel zum Wahlkampf bereite ich mit einem Freelancer-Kollegen eine GmbH-Gründung vor. In meiner Familie, im Freundes- und Bekanntenkreis wissen die Leute, dass sie sich bei Fragen zum Thema Gründung an mich wenden können. Zudem habe ich schon viele Freunde dabei unterstützt, sich selbständig zu machen. Wenn man selbst Leute kennt, die gegründet haben, färbt das ab. Es inspiriert und motiviert. Wichtig ist es deshalb, Gründer mit Gründerwilligen und alten Hasen, also erfahrenen Unternehmenern, besser zu vernetzen und hier für regen Austausch zu sorgen. Das Gründergrillen und Startup Weekends sind da richtungsweisend – solche Gruppen und Initiativen sollten stärker unterstützt werden.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Wir sehen die Notwendigkeit, in der Öffentlichkeit das Bewusstsein zu schärfen für Unternehmertum als Basis unseres Erfolgs in der Region. Es gilt jungen und älteren Leuten Mut zu machen, Ideen umzusetzen. Die Mentalität “suche dir einen sicheren Arbeitgeber” muss durch eine verstärkte öffentliche Wertschätzung für Gründer und Unternehmer verändert werden.

2010 hat die FDP Fraktion in der Regionalversammlung eine Anhörung gemacht, zum Thema “Quo vadis Produktion”, um darauf aufmerksam zu machen, dass wir in der Region mitten drin sind im Strukturwandel und mehr Gründergeist brauchen. http://www.demokratie-online.de//quovadisRegion.htm

Wir werden dazu eine weitere Anhörung durchführen.

Die Linke, Christoph Ozasek

Der Weg in die Selbstständigkeit ist ein wesentlicher Motor für einen innovativen Wirtschaftsstandort. Existenzgründer_innen schließen Versorgungslücken, bringen neue Technologien aus der Forschung an den Markt oder bereichern das kulturelle Leben als Kreativschaffende. Viele Start-Up-Gründer_innen schaffen nicht nur für sich selbst eine wirtschaftliche Existenz, sondern auch für viele weitere Menschen neue Arbeitsplätze, und brauchen deshalb gute Rahmenbedingungen durch qualifizierte Beratung, Zugang zu Kapital und eine überschaubare Kostensituation, z.B. durch niedrige Mieten und Pachten. Deshalb sind Existenzgründer-Netzwerke, z.B. an den Hochschulen, bei den Kammern und der kommunalen oder regionalen Wirtschaftsförderung wichtig. Denn ohne ein tragfähiges Konzept und gute Begleitung ist das wirtschaftliche Scheitern oft vorprogrammiert. Die Kommune selbst kann keinen Gründergeist wecken. Aber sie kann die Randbedingungen für Existenzgründer optimieren.

Die Grünen, Matthias Filbinger

Die Informationen für potentielle Gründer müssen noch intensiver an diese Zielgruppe gelangen. Die Region Stuttgart ist von der Automobil- und Zuliefererindustrie geprägt. Der Wandel im Mobilitätsverhalten und das Angebot hierfür  wird viele neue technische Betätigungsfelder sowohl für Entwickler wie auch für Hersteller entstehen lassen. Das ist Aufgabe des Marketings der Region. Die  Barrieren für junge Gründer müssen herabgesetzt werden, der Gründungsprozess muss schnell und effizient von Statten gehen. Der Dschungel von Vorschriften ist hier verfügbar:  http://www.startothek.de/startothek-anwendung/gruender

REP, Thomas Melber

Gründergeist läßt sich nicht verordnen, er muß aus den Menschen selber kommen – Erziehung zur Selbstständigkeit wäre ein erster Ansatz.

Das ist aber eine gesamtgesellschaftliche Frage, ebenso wie die Minimierung der Konsequenzen eines möglichen Scheiterns.

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Abbau formaler Hürden, soweit rechtlich zulässig. Gegebenenfalls auch Einführung von Pauschalen statt exakter Buchführung während der Startphase (max. 2 Jahre).

Unterstützung in Form von Gewerberäumen, die von der Stadt günstig zur Verfügung gestellt werden (max. 3 Jahre).

Wie wollen Sie Stuttgart als Standort für neue Gründungen und Startups attraktiver machen, so dass diese nicht bspw. nach Berlin abwandern?

Piraten, Judith Peters

Es gibt bereits zahlreiche Angebote und Ansprechpartner wie z.B. Gründercoachings, KfW-Kredite, die IHK, die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart, die MFG Innovationsagentur etc. Das Problem ist aber, dass es viel zu viele Angebote gibt, die zudem auch oft kaum bekannt sind. Es ist wichtig, bestehende Angebote bekannter zu machen. Dann müssten bestehende Angebote gebündelt werden. Es sollte in Stuttgart EINE zentrale Anlaufstelle geschaffen werden, einen One-Stop-Shop für Gründer, bei der Gründerwillige zunächst einmal kostenlos Antworten auf all ihre Fragen bekommen. Hier könnte man evtl. die IHK zu diesem EINEN Anlaufpunkt aufbauen – ob für „normale“ Gründungen oder Startups. Von dort aus könnten die zukünftigen Gründer auf die bereits bestehenden Angebote verwiesen werden. Wenn diese EINE Anlaufstelle schon existiert, ist sie leider noch nicht bekannt genug ;-)
Neben diesem „One Stop Shop“ sollte Stuttgart aber auch eine langfristige Vision entwickeln und eine übergeordnete Idee formulieren. Wo will Stuttgart in 10 Jahren stehen? Und wie wollen wir das erreichen? Wir brauchen eine Gründer-Strategie – daraus kann dann auch lokaler Gründergeist erwachsen, der die Stadt Stuttgart sehr attraktiv macht.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Es gibt in bestimmten Branchen sicher eine Tendenz nach Berlin zu gehen oder in andere Städte der Welt. Das ist gut so und erweitert den Horizont. Wichtig ist, dass sie spätestens dann, wenn sie wachsen wieder zurück kommen. Weil sie hier das finden, was wichtig ist: Geld, Gewerbeflächen, Mitarbeiter, ein innovatives Klima, Austausch mit anderen aus der Branche…

Wir haben den Verband Region Stuttgart aufgefordert, von anderen Regionen zu lernen und bei den Planungen zu berücksichtigen http://www.demokratie-online.de/antrag_vergleich.htm

Wir haben eine “Woche der Begegnung” beantragt http://www.demokratie-online.de/europa.htm, die dazu beitragen soll, die Region Stuttgart bei jungen Menschen aus Europa bekannt zu machen.

Die Linke, Christoph Ozasek

Die bestehenden Netzwerk-Strukturen haben sich als geeignet erwiesen, um Existenzgründern den richtigen Weg zu weisen. Diese Strukturen reichen heute vom ESF-finanzierten Gründerbüro im Stuttgarter Rathaus bis hin zu überregionalen Organisationen wie BioRegio STERN in der Life Science-Branche. Auch sind die Förderbedingungen durch das Landeswirtschaftsministerium durch ein neues Gutscheinsystem in den letzten Jahren deutlich verbessert worden. Den Einfluss kann und sollte die Stadt in zwei Bereichen verstärken: Die Stadt muss Raum für Existenzgründer bereithalten, der zu Konditionen angeboten wird, die deutlich unter den üblichen Marktmieten zu erhalten ist, bzw. für eine Produktentwicklungsphase mietfrei bezogen werden kann. Hier könnte z.B. der Eiermann-Campus in Vaihingen (ehemalige IBM-Zentrale) eine Chance sein, sofern die Stadt wie von uns vorgeschlagen das Areal selbst übernimmt und dort einen Gründerschwerpunkt für Start-Ups und Kreativschaffende etabliert, anstatt den Campus einem renditeorientierten Investor zu überlassen. Auch Areale wie das Werk8 sollten Ämter-seitig positiv begleitet werden, anstatt eine Blockadehaltung einzunehmen. Zum Zweiten muss die Stadt als Miteignerin der LBBW dafür Sorge tragen, dass die Existenzgründerfinanzierung eine hohe Priorität erhält.

Die Grünen, Matthias Filbinger

Stuttgart ist ein Ausbildungsstandort von höchstem Ruf und hervorragender Qualität. Die gründungswilligen Studierenden müssen frühzeitig von einer Gründerszene begeistert werden. Hier ist in erster Linie das Stadtmarketing und die Wirtschaftsförderung gefragt.

REP, Thomas Melber

ich denke, der Standort Stuttgart ist attraktiv – es kommt natürlich darauf an, in welchem Bereich man gründet

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Durch den Erhalt bzw. Ausbau einer Stadt mit positiven „weichen“ Standortfaktoren, d. h. beispielsweise auch Treffpunkte für Subkultur, in die gerade Mitarbeiter kreativer Start-Ups gerne pilgern.

Förderung von gemeinschaftlich nutzbarer Infrastruktur, um Miete und sonstige Kosten klein zu halten.

Wie wollen Sie mehr vermögende Mitbürgerinnen und Mitbürger als Business Angel für junge innovative Unternehmen in Stuttgart gewinnen?

Piraten, Judith Peters:

Der Schwabe an sich ist ja sehr sparsam und scheut eher finanzielle Risiken. In riskante Startups einzusteigen, ist also ein Thema, das eher schwer zu vermitteln wäre. Die Lösung könnte z.B. sein, die Startup-Gründer von Anfang an seitens der Stadt gut zu begleiten und sie von der Idee bis zur Umsetzung mit Rat und Tat zu unterstützen, so dass ihre Geschäftsidee Hand und Fuß hat – also z.B. zunächst durch die Stadt „anschieben“. Diese Startups, ihre Idee und ihr finanzieller Bedarf könnten anschließend wenn sie ausgereifter sind, z.B. wie bereits auf http:http://startup-stuttgart.de//, präsentiert werden – mit dem Ziel, sie stärker mit den Bürgern zu vernetzen und neben der Stadt Stuttgart weitere Unterstützer zu finden. Also sozusagen ein schwäbisches Kickstarter für Startups. Das wäre eine Idee, die es doch mal wert wäre, in Stuttgart diskutiert zu werden.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Wir haben den Verband Region Stuttgart aufgefordert, zunächst mehr Transparenz bzgl. der Verfügbarkeit von Risikokapital zu schaffen. .http://www.demokratie-online.de/Risikokapital.htm

Wie werden den Wunsch einbringen, ein Modell zu konzipieren, das Menschen der Region ermöglicht, sich an guten Ideen auch mit kleinen Beträgen zu beteiligen.

Die Linke, Christoph Ozasek

Diese Aufgabe sehen wir nicht als Aufgabe der Gemeinde. Wir unterstützen aber die Aktivitäten der Business Angels. Wichtig ist eine enge Vernetzung mit den Wirtschaftsförderern und bestehenden Existenzgründereinrichtungen.

Die Grünen, Matthias Filbinger

Viele erfolgversprechende Gründungen scheitern nach kurzer Zeit bereits wegen mangelnder Liquidität. Sicherheiten für Kredite sind kaum vorhanden. Kreditinstitute tun sich schwer bei den strengen Auflagen von Basel II und III ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen. Die Entwicklung eines Pools von Business-Angels, welcher auch unter der Schirmherrschaft einer Stiftung oder der IHK stehen könnte, wäre eine einfache und wirkungsvolle Lösung. Beispiel:http://www.business-angels-region-stuttgart.de/

REP, Thomas Melber

wohl Landes- / Bundessache (steuerliche Behandlung von Investitionen, u.a.)

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Durch gutes Zureden und durch Überzeugung mit Erfolgsbeispielen aus der Vergangenheit. Obendrein könnte man jährlich eine Medaille verleihen an den Business Angel, der das erfolgreichste Start-Up begleitet hat (Sowjet-Prinzip des „Helden der Arbeit“ – weil Geldpreise solche Leute nicht mehr glücklich machen).

Wie wollen Sie Stuttgart als Standort für Venture Capital Fonds attraktiver machen?
Piraten, Judith Peters:

Venture Capital Fonds investieren zunächst einmal in gute Ideen und vielversprechende aufstrebende Unternehmen – relativ unabhängig davon wo sie sich befinden. Die guten Startup-Ideen, die in Stuttgart entwickelt werden, müssten national sichtbarer gemacht werden.
Wenn es Stuttgart schafft, die bestehende lebendige Startup-Szene weiter zu entwickeln (z.B. durch die Förderung der Cross-Cluster Politik http://fuerstuttgart.de/docs/foerderung-der-cross-cluster-politik-und-entstehung-virtueller-cluster/) und Stuttgarter Startups deutschlandweit und international bekannt zu machen, kommen auch die Kapitalgeber und schauen sich an, was es hier sonst noch so gibt. Andererseits übernehmen ja bereits lokale Unternehmen die Rolle des Kapitalgebers. Bosch macht es mit der Robert Bosch Venture Capital GmbH sehr erfolgreich vor, wie man Startups unterstützen kann.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Siehe oben, Ziff. 3 und 6

Die Linke, Christoph Ozasek

In den USA nimmt die Risikofinanzierung einen deutlich höheren Anteil ein als in Deutschland und Europa. Wir sehen kapitalmarkt- und renditeorientierte Finanzierungsmechanismen kritisch, denn meist steht keine langfristige Beteiligung im Fordergrund, sondern der Gewinn aus dem Verkauf der Beteiligung. Auch werden viel zu oft innovative Start-Ups von großen Konzernen aufgekauft und geschluckt. So wird eine höhere Branchenvielfalt verhindert. Aus unserer Sicht sind Finanzierungsmodelle über öffentlich-rechtliche Banken zu bevorzugen. Auch die Unternehmensform der Genossenschaft halten wir für eine sehr geeignete Rechtsform für die Existenzgründung und Kapitalisierung.

Die Grünen, Matthias Filbinger

VC wird auch in Stuttgart bereits zur Verfügung gestellt. Mittlerweile hat sich hier jedoch das Internet als Plattform etabliert. Z.B.:  http://www.vc-magazin.de/

REP, Thomas Melber

idem.

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Gegenfrage: Spielt der Standort des Kapitalfonds in der heutigen Zeit und einer globalisierten Welt eine Rolle?

Wie wollen Sie Gründungen von Nichtakademikern fördern?

Piraten, Judith Peters:

Jedes Startup ist eine Gründung, aber nicht jede Gründung ein Startup. Die IHK macht bereits einen guten Job, Gründungen z.B. im Bereich Handwerk zu unterstützen und zu begleiten. Nichtakademiker, die Startups gründen wollen, mangelt es meistens auch daran, woran es Akademikern in der gleichen Situation mangelt: Zugang zu Information, Geld und Netzwerken. Wenn man hier der einen Gruppe hilft, hilft man auch der anderen. Die Lösung könnte ein lokales Gründerzentrum sein.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Dazu gibt es bei uns keine gesonderten Überlegungen gegenüber Akademikern. Unternehmertum kann viele Gesichter haben. Generell sind neben Fachwissen Geld und Personen, die dem Unternehmensgründer den Rücken stärken, wichtig für den Erfolg. Mikrokredite mit Bürgen wie im Modell von Yunus , sind ein guter Ansatz, den wir befürworten. Persönlich habe ich den Schritt ins Unternehmertum mit Franchise gemacht und biete als Master-Franchise Franchise-Lizenzen. Man muss nicht alles selbst erfinden. Im Rahmen der Wirtschaftsförderung müssen die vielfältigen Möglichkeiten noch besser aufgezeigt werden.

Die Linke, Christoph Ozasek

Qualifizierung in kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen Belangen in staatlich anerkannten Seminaren steht hier ganz besonders im Vordergrund. Bestehende Angebote müssen in hoher Qualität und diskriminierungsfrei vorgehalten werden.

Die Grünen, Matthias Filbinger

Insbesondere Handwerksbetriebe werden von Nichtakademikern betrieben. Zur Sicherung der Zukunft des Handwerks halten wir Übernahme- und Finanzierungshilfen für unabdingbar. Städtische Bürgschaften wären auch hier hilfreich.

REP, Thomas Melber

soweit mir bekannt kann sich jeder Gründer an die KfW u.a. wenden, für eine Unterstützung ist kein akademischer Grad erforderlich, sondern ein tragfähiges Geschäftsmodell

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Handwerksmeister in Rente als Begleiter während des Einstiegs gewinnen, evtl. auch fachfremd, d.h. einen Buchhalter i. R. für einen Sanitärstarter, der sich zwar im Rohre verlegen auskennt, weniger jedoch in der Buchführung. Evtl. für solche Personen ein Budget im Haushalt vorsehen.

Außerdem durch unser „1000 Akkuschrauber“-Programm, das bereits Jugendliche ans Selbermachen heranführen soll (allerdings dabei in ihrem Viertel zur Verschönerung).

Wie stehen Sie zu Privatinitiativen und Graswurzelbewegungen in der Gründerszene und wie wollen Sie diese in die Aktivitäten der städtischen Gründerförderung einbeziehen?

Piraten, Judith Peters:

Diese privaten Initiativen und Treffen sind oft die Saat für Startups. Dort entstehen Netzwerke fürs Leben und wegweisende Geschäftsideen. Daher würde die Stadt Stuttgart wirtschaftlich sehr davon profitieren, wenn sie solche Initiativen und Events noch stärker unterstützen und prominenter bewerben würde. Es gibt bereits z.B. Startup-Weekends und Gründergrillen. Ein jährliches Gründer- und Startup-BarCamp, das Gründer in der Anfangsphase mit erfahrenen Startup-Leuten zusammenbringt, könnte eine gute Ergänzung in der Stuttgarter Startup-Landschaft sein. Mit von der Stadt gesponsorten Räumen und Verpflegung wäre da schon viel geholfen.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Als FDP sehen wir zuerst die Privatinitiative, dann den Staat. Der Staat muss gute Rahmenbedingungen schaffen und kann dort, wo er selbst als Investor auftritt, Innovation fördern. Als Region Stuttgart sollten wir uns positionieren als die Region, die am innovativsten ist bei den Themen ‘sparsamen Umgang mit Ressourcen, Energieeffizienz und Mobilität” und folglich die meisten Unternehmensgründungen auf diesem Feld vorweisen kann

Die Linke, Christoph Ozasek

Je spezialisierter Gründer_innen in einzelnen Branchen beraten werden, desto besser. Für Anregungen, wie die Einbindung von Graswurzelinitiativen in die städtische Gründungsförderung verbessert werden kann sind wir immer offen.

REP, Thomas Melber

Privatinitiative ist zu begrüßen, wobei diese natürlich ihre Schwerpunkte „nach persönlicher Neigung“ setzt

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Jegliche Form der Unterstützung während der Gründungsphase begrüßen wir. Umso mehr, je weniger sie den städtischen Haushalt belastet.

Eine Einbeziehung sollte derart erfolgen, dass in städtischen Publikationen auf die Kontaktadressen hingewiesen wird.

Wie wollen Sie dem Bedarf an bezahlbarem Büroraum speziell für Gründer und Startups begegnen? Wie stehen Sie bspw. zu der Forderung nach einem lokalen Gründerzentrum, wie sie im Bürgerhaushalt eingebracht wurde (https://www.buergerhaushalt-stuttgart.de/vorschlag/3762)?

Piraten, Judith Peters:

Aus eigener Erfahrung als Selbständige und Gründerin weiß ich: Ein lokales Gründerzentrum wäre sehr sinnvoll. Wir brauchen in Stuttgart eine zentrale Anlaufstelle für Gründerwillige, einen One-Stop-Shop, damit Gründer ihre wertvolle Zeit im Frühstadium nicht mit der frustrierenden Suche nach Informationen und Unterstützung verschwenden. Das werde ich definitiv unterstützen.
Zum Thema Büros: Sogar in Stuttgart gibt es bezahlbaren Büroraum. Bestes Beispiel ist das Coworking in der Gutenbergstraße. Aber sobald man etwas größeres braucht, stellt man fest, dass günstige Büroflächen zum großen Teil informell vergeben werden. Wenn man keinen Zugang zu den entsprechenden Netzwerken hat, kriegt man von diesen günstigen Büroräumen auch nichts mit. Gründerwillige sollten also besser in diese Netzwerke eingebunden, entsprechende Büroräume auf einer zentralen Plattform gesammelt und kostenlos vermittelt werden. Diesen Service könnte in Zukunft auch das Gründerzentrum anbieten.

FDP, Gabriele Reich-Gutjahr

Die Region weist Flächen aus. Was die Gemeinden dann machen, liegt in deren Ermessen.

Die Linke, Christoph Ozasek

Wie in Frage 2 bereits angeschnitten sehen wir hier eine Aufgabe der Stadt. Auch kann die von uns mehrfach beantragte aber bisher noch nicht umgesetzte Leerstandsabgabe für leer stehende Gewerbe- und Büro-Immobilien Anreize zur Preissenkung bieten. Das käme Start-Ups entgegen. Ein kommunales Gründerzentrum könnten wir uns durchaus vorstellen, z.B. am Standort Eiermann-Campus in Vaihingen.

Die Grünen, Matthias Filbinger

Ein Gründerzentrum ist zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen Start in die Selbständigkeit und die weitere Entwicklung. Als Standort bietet sich u.a. der Eiermann-Campus (ehemaliges IBM-Gelände) an.

REP, Thomas Melber

als Zwischennutzung städtischer Immobilien kann ich mir die Einrichtung von Gründerzentren vorstellen, dies ist aber auch abhängig von der erforderlichen Infrastruktur (Labor, Reinraum, u.a.);

Hochschulen u.ä. Einrichtungen (MPG) haben sich als Inkubatoren ja auch bewährt

Die Stadtisten: Dr. Ralph Schertlen

Ein Gründerzentrum finden wir klasse!

Es gibt genügend leerstehende Bürofläche in Stuttgart. Durch Gespräche mit Eigentümern sollte diese Fläche Gründern günstig (und städtisch gefördert) zugänglich gemacht werden.

Ferner setzen wir uns dafür ein, auch mal ein Auge zuzudrücken, wenn es um formale Dinge geht, d.h. wenn z.B. bei einem 3-Personen-Startup getrennte Toiletten für Männer und Frauen fehlen, dies aber von allen akzeptiert wird und bei weiterem Wachstum der Firma auch behoben wird.

 

Von der AfD erreichte uns nur eine allgemeine Antwort per Briefpost. Die AfD könne als junge Partei noch nicht jedes Politikfeld „beackern“ und habe deshalb auch zu Unternehmensgründung keine festgefügte Parteimeinung.  „Dedizierte, konkrete Antworten auf Ihre Einzelfragen können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht geben.“ Sie verweisen auf ihre Grundprinzipien:

Eines unserer Prinzipien ist „Subsidiarität“, also Hilfe zur Selbsthilfe. Wer die Initiative ergreift, eine Geschäftsidee umzusetzen und ein Unternehmen zu gründen, soll in diesem Unterfangen bestärkt werden. Die vielfältigen bürokratischen, juristischen und fiskalischen Hindernisse, denen sich ein Unternehmensgründer gegenübersieht und die sein Vorhaben behindern und verteuern, sind uns ein Dorn im Auge. Die AfD wird mit ihren noch schwachen Mitteln dagegen ankämpfen, wo immer sie kann.
Ein weiteres Prinzip der AfD ist „Rationalität“. Wenn ein Gemeinderat sich für oder gegen die Ansiedlung eines Unternehmens ausspricht, dann muss dies schlüssig, logisch, nachvollziehbar begründet sein. Eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“ oder nach dem Motto „das machen wir immer so“, lässt die AfD nicht gelten.
Ein drittes Prinzip der AfD ist „Marktwirtschaft“. Eine Geschäftsidee muss sich im Markt bewähren und tragfähig sein. Der Staat oder die Gebietskörperschaften dürfen keine Steuergelder aufwenden, um Unternehmen zu finanzieren oder Venture-Kapital bereitzustellen. Der Staat selbst ist in den meisten Fällen kein guter Unternehmer!
Subventionen dürfen allenfalls für gesellschaftlich wünschenswerte, wirtschaftliche Aktivitäten gewährt werden und auch nur in Form von Abgaben- oder Steuerbegünstigungen, niemals als direkte Geldzahlungen. Allzu oft wurde und wird gegen diesen Grundsatz verstoßen; viele Unternehmen, ja ganze Wirtschaftszweige hängen am Subventionstropf, in der Summe zum Nachteil unserer Volkswirtschaft.

 

Thomas Milber von den REP ergänzte seine Antworten noch:

Über IHK / HWK kann man die Unternehmen in Stuttgart sicher einmal zu einem „round table“ zum Thema Venture Capital zusammenbringen.

Ich selbst habe die Szene anfang des Jahrtausends intensiv beobachtet, und damals gab es keinen Mangel an Initiativen und Veranstaltungen. Vielleicht ist das allgemein etwas eingeschlafen bzw. wird nicht mehr so gehypt (damals gab es auch noch den „Start up“ Wettbewerb und eine jährliche Gründermesse).

 

Wir bedanken uns bei allen, die auf unsere Fragen – insbesondere auch so knapp vor der Wahl – geantwortet haben.

Natürlich ist unsere Umfrage sehr einseitig und monothematisch. Und eine Wahlentscheidung solltet ihr nicht allein aufgrund dieser Antworten hier treffen. Insofern bleibt uns noch zu sagen: Informiert euch und geht zur Wahl. Insbesondere bei der Kommunalwahl habt ihr direkt vor eurer Haustür die Möglichkeit, mitzuentscheiden. Also seid dabei!

Bildquelle: CC BY-ND 2.0 von Dennis Skley auf Flickr

1 Kommentar zu „Kommunalwahl 2014: Antworten der Stuttgarter Kandidaten zu unseren Fragen zu Gründerthemen“

  1. Die Freien Wähler meldeten sich heute noch per E-Mail und „bitten um Nachsicht, dass wir Ihre
    speziellen Fragen aufgrund der hohen Termindichte in den zurückliegenden Tagen und Wochen leider nicht mehr beantworten konnten.“

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