Seit mittlerweile zwei Jahrens gibt es INNO-Z, das Innovationszentrum an der Hochschule Aalen, welches sich nach eigener Aussage als „Durchlauferhitzer“ versteht, um jungen Unternehmen und Startups auf den Weg zu helfen, Kontakte zu vermitteln, Raum zu bieten und viel Erfahrung beim Gründen zur Seite zu steht. Startup Stuttgart hat sich mit dem Leiter des Innovationszentrums, Herrn Andreas Ehrhardt unterhalten, der mit dem INNO-Z eine „Kultur des versuchens“ schaffen möchte, in der man sich auch mal traut, etwas zu versuchen und in der einem die Angst genommen wird.
Startup Stuttgart: Können Sie und mehr über INNO-Z erzählen? Was steckt dahinter? Welches Ziel verfolgen Sie?
Andreas Ehrhardt: Das Innovationszentrum an der Hochschule Aalen ist ein sogenanntes EU-Leuchtturmprojekt, welches mit Mitteln der EU, des Landes und der Stadt Aalen 2009 auf den Weg gebracht wurde und seit dem 24.06.2015 offiziell eröffnet ist.
Ziel des INNO-Z ist die Förderung von Hochtechnologien aller Fachrichtungen, Stärkung des Wirtschafts-, Forschungs- und Bildungsstandortes und natürlich das Schaffen von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen durch neue, innovative Unternehmen. Wir möchten den Technologietransfer aus der Hochschule stärken, Innovationen fördern und unterstützen und beraten die Startups auf ihrem Weg.
Was ist Ihr Fazit nach nun zwei Jahren? Sind Sie zufrieden, wie es angelaufen ist?
Wir freuen uns natürlich sehr über die Dynamik und das Interesse am INNO-Z. Mittlerweile haben wir fast 40 Startups und Gründungsvorhaben hier im Haus und eine Auslastung von 95% der Büro- und Labor-Flächen. Diese Zahlen bestätigen uns auch, dass es höchste Zeit war, ein Innovations- und Gründerzentrum an der Hochschule Aalen zu errichten.
Warum hatte man sich für Aalen entschieden?
Die Region Ost-Württemberg ist bekannt für ihre starke Industrie und ist Raum für „Patente und Talente“ mit einer überdurchschnittlich hohen Anzahl an Patentanmeldungen. Die räumliche Nähe zur Hochschule Aalen, als forschungsstärkste Hochschule in Baden-Württemberg, stellt einen weiteren wichtigen Faktor dar.
Wer ist die Zielgruppe von INNO-Z? Wer darf und soll zu euch kommen?
Grundlegend gesprochen haben wir drei Zielgruppen: Studentische Gründer/innen, welchen die Möglichkeit geboten wird, ihre Geschäftsidee im Co-Working Space des Gründungszentrums zu entwickeln. Gründer aus der Region, deren Startup sich mit dem Thema Hightech auseinandersetzt und die dritte Zielgruppe sind Unternehmen. Seien es solche, welche eine neue Idee fernab des eigentlichen Tagesgeschäftes entwickeln möchten oder solche, die sich in Form von Unterstützung und Investitionen in der Startup Branche umsehen möchten.
Was den Reifegrad eines Startups betrifft, ist im Innovationszentrum ebenfalls alles vertreten. Zu uns kommen Teams, deren Geschäftsmodell noch ein ganz zartes Pflänzchen ist, als auch solche, die bereits gegründet haben und Umsatz erzielen.
Auch thematisch ist im INNO-Z ein breites Spektrum abgedeckt. Die Studierenden adressieren mit ihren Ideen viele globale Megatrends. Schwerpunkt bildet dennoch die Digitalisierung. Es finden sich aber auch Startups zu Themen wie beispielsweise gesunde Ernährung oder nachhaltige Kleidung.
Gibt es eine zeitliche Begrenzung, wie lange ein Startup sich in den Räumlichkeiten von INNO-Z aufhalten darf?
Gründer, die bei uns einziehen, bekommen zunächst einen befristeten Mietvertrag über drei Jahre, mit der Option auf eine Verlängerung um weitere drei Jahre. Nach spätestens sechs Jahren sollte das Startup dann aber auf eigenen Beinen stehen und ausziehen. Derzeit wird aber an einem Anschlussprojekt mit der IHK Ostwürttemberg, der Stadt Aalen und der Hochschule Aalen gearbeitet, sodass man Startups anschließend Räumlichkeiten anbieten kann – wir lassen keinen im Regen stehen. Wir erwarten natürlich, dass die Gründer ernsthaft an ihrer Idee arbeiten und bleiben in regelmäßigen Austausch mit ihnen. Zum einen natürlich um den Fortschritt mitzuerleben zum anderen aber auch um zu unterstützen zu beschleunigen.
Falls ich mich beim Lesen nun angesprochen fühle – wie läuft euer Bewerbungsverfahren ab?
Der Prozess startet durch eine Kontaktaufnahme entweder via E-Mail, telefonisch oder einfach selbst vorbeikommen. Nach dem Ausfüllen eines Kontaktformulars wird in einem kleinen Gremium (bestehend aus der Hochschule Aalen und der Wirtschaftsförderung der Stadt Aalen) evaluiert, ob das Startup aufgenommen werden kann. Bei externen Bewerbern ist das Augenmerk besonders auf das Thema „High-Tech“ und Synergien mit der Hochschule Aalen gerichtet. Sollte ein Start-up aus diversen Gründen nicht bei uns aufgenommen werden, gibt es entsprechende Maßnahmen der Wirtschaftsförderung Aalen, an welche wir dann weiter vermitteln. Wir legen großen Wert darauf, dass der Prozess unbürokratisch und schnell abläuft – im Normalfall erhält man bei uns nach 24h eine Rückmeldung.
Wie steht ihr zum Thema „Kooperation mit den (großen) Unternehmen und der Region“?
Die Vernetzung und Verankerung mit und in der Industrie ist uns sehr wichtig. In unserem sogenannten Förderverein sind derzeit ca. 23 Unternehmen und Institutionen Mitglied. Sie unterstützen den Betrieb des Innovationszentrums, sind potentielle Kunden, Lieferanten oder Kooperationspartner für unsere Startups. Grundsätzlich ist jedes Unternehmen oder Institution willkommen, Mitglied im Förderverein zu werden.
Haben Sie ein erfolgreiches Beispiel, eines Ihrer Startups, von dem Sie und erzählen können?
Wir haben viele erfolgreiche Beispiele und sehen durchweg eine positive Entwicklung aller Startups im INNO-Z. Einige besonders tolle Beispiele wären hier webAufstieg (eine Internetagentur für Webdesign und Suchmaschinenoptimierung), Blue Ocean Nova (intelligente optische Sensorik) oder Mark3D (bietet Lösungen an für den faserverstärkten 3D Druck).
Förderprojekt „Spinnovation“ der Hochschule Aalen – um was handelt es sich hierbei genau?
Das Projekt stellt eine Kooperation der Hochschule Aalen, Hochschule Reutlingen sowie der Hochschule der Medien in Stuttgart dar, mit dem Ziel, Studierenden das Thema „Gründen“ näher zu bringen. Zunächst wird zum Thema „Gründen“ informiert, das kann man dann unter dem Stichwort „Gründen spielen“ einmal ausprobieren. Man kann hier nichts verlieren – nur gewinnen, denn wenn tatsächlich eine gute Idee dabei ist unterstützen wir wie es direkt weitergehen kann.
Am 24. September steht in Deutschland die nächste Bundestagswahl an. Was würden Sie sich von der Politik im Hinblick auf Gründen wünschen?
Ich würde mir eine konsequente Unterstützung des Unternehmertums wünschen – insbesondere des Mittelstandes. Das fängt schon beim Image und der Wertschätzung an. Meiner Meinung nach sind die Unternehmer/innen Helden unserer Gesellschaft und Garanten für den Wohlstand und den Fortschritt. Dementsprechend sollte auch die Wertschätzung und Anerkennung sein. Hier gibt es m.E. deutliches Verbesserungspotential. Ein gutes Image und eine angemessene Wertschätzung können durchaus mehr Menschen motivieren zu gründen, diesen Weg zu gehen und die Attraktivität zu steigern.
Ein weiteres leidiges Dauerthema in Deutschland ist das Thema Bürokratie. Hier sollten dringend Erleichterungen z.B. in den Bereichen Steuern und Buchhaltung geschaffen werden, das schreckt doch viele ab.
Wenn man an die großen Startup Regionen in Deutschland denkt, ist Baden-Württemberg sicher nicht das erste was einem in den Kopf kommt. Was sind aus Ihrer Sicht in den kommenden Jahren die größten Herausforderungen in Bezug auf Gründung, womit sich das Land Baden-Württemberg auseinandersetzen muss?
Ich habe den Eindruck, dass Baden-Württemberg weithin sehr bodenständig ist. Das ist nicht schlecht und hat uns auch den wirtschaftlichen Erfolg beschert, denn wir heute haben, aber für die Zukunft benötigen wir sicherlich mehr Dynamik – auch im Hinblick auf Digitalisierung. Wir brauchen mehr Unternehmensgründungen: kleine agile Unternehmen, die schnell auf Trends reagieren können, neue Entwicklungen aufgreifen und Technologien umsetzen.
Um das zu verbessern, müssen wir auch den „Mindset“ der Menschen ändern. Gerade die Einstellung der jungen Leute muss frühzeitig entsprechend positiv beeinflusst werden. Das startet bereits im Schulalter, spätestens aber im Studium. Ich bin der Meinung, jede Vorlesung und jede/r Professor/in sollte mindestens einmal im Semester das Thema Selbstständigkeit als attraktive berufliche Option für später aufgreifen. Es sollte nicht das Ziel sein, die Studierenden nur für einen Einstieg in Unternehmen vorzubereiten.
Ein weiterer Punkt sind sicherlich die Randbedingungen. Es gibt viel Kapital – dieses muss aber auch in Startups investiert werden. Die Risikobereitschaft, in junge Unternehmen zu investieren muss steigen. Es gibt bereits viele gute Fördermittel, problematisch ist oftmals die Zugänglichkeit – hier sind wir dann wieder beim Thema Bürokratie.
Wir sind sehr froh, mit Frau Dr. Hoffmeister-Kraut eine Wirtschaftsministerin zu haben, die eindeutig für das Thema „Startups“ brennt. Das zeigte sich bereits bei vielen Gelegenheiten, zuletzt beim ersten Startup Gipfel Baden-Württemberg. Das Land ist somit auf einem guten Weg – wir dürfen aber jetzt nicht nachlassen und müssen das Thema noch weiter in die Öffentlichkeit tragen.
Noch zum Schluss: Was suchen Sie derzeit?
Stichwort Wagniskapital und Investments. Viele unserer Startups haben den ersten Entwicklungsschritt erfolgreich gemeistert – oftmals über die berühmte „Drei F-Finanzierung: Family, Friends, and Fools“ (lacht). Für den nächsten Entwicklungsschritt benötigen sie aber nun mehr Kapital. Daher sind wir immer auf der Suche nach Investoren und Business Angels etc., die die Bereitschaft haben, in Startups zu investieren.
Interesse geweckt? Alle weiteren Informationen zu INNO-Z finden sich hier.
Herr Andreas Ehrhardt, Leiter des INNO-Z in Aalen, ist von Haus aus promovierter Ingenieur mit betriebswirtschaftlicher Zusatz-Ausbildung und leitet parallel dazu seit vielen Jahren das Innovationsnetz für die optischen Technologien Photonics BW. Startup Förderung ist ihm ein Anliegen und so stellt das INNO-Z für ihn die optimale Möglichkeit dar, Startups umfassend zu unterstützen:„ Es motiviert und macht ganz einfach Spaß, Startups zu begleiten, zu entwickeln und als Sparrings-Partner mit Rat und Tat zur Seite zu stehen“.
Danke Andreas Ehrhardt für diesen tollen Einblick in INNO-Z. Wir hatten viel Spaß beim Gespräch und würden uns freuen, Sie und Ihre Startups einmal beim Gründergrillen zu sehen.